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 Kawai K5000W

Kawai K5000

Formantfilter

Der Formantfilter des K5000 ist einer der besten und vielfältigsten Filter für Synthesizer.
Fast alles ist möglich - dummerweise will auch fast alles programmiert sein, und das ist nicht so ganz einfach...
 
Die Bedienungsanleitung hüllt sich leider bis auf die Bedeutung der Menüs in Schweigen. Obendrein besitzt der Filter reichlich programmtechnische Ungereimtheiten.
Damit man dann nicht so ganz "nackt in den Erbsen" davor steht, habe ich versucht, die Zusammenhänge der möglichen Einstellungen für Otto-Normal-Schrauber verständlich darzustellen.
 
Leider ist der Filter durch seine Universalität sehr komplex, weshalb ich ein Minimum an Grundwissen über Synthesizermodule / -filter voraussetzen muss - sonst ufert diese Beschreibung aus.
 
Zum Vergleich hier das übliche Routing der Modulationsquellen des Filters in einem Synthesizer:
 
Das Routing der Modulationsquellen des K5000 Formantfilter ist wesentlich komplexer aufgebaut:
 
Den eigentlichen Formantfilter stellt man sich am einfachsten als 128-bändigen Grafikequalizer vor.
 
Die einzelnen Bänder können durch mehrere Quellen in der Frequenz nach links oder rechts verschoben werden:
  • dynamisch über die Zeit durch eine Hüllkurve (DFE) oder einen extra LFO
  • dynamisch durch einen zugewiesenen Controller wie z.B. Pitch Wheel oder Modulationsrad
  • statisch durch den BIAS-Regler
  • statisch durch die Anschlagstärke (VELO DEPTH)
  • statisch durch Keyscaling (KS DEPTH, mitlaufen des Filters zur Tastatur)
  •  
    Schon jetzt wird ersichtlich, dass der Spruch "fast alles ist möglich" nicht übertrieben ist.
     
    Die weitere Beschreibung bezieht sich auf Betriebssystem Version 4.03 sowie eine additive Source, die wie folgt eingestellt ist:
  • Key Scaling: 0
  • Coarse Tuning (Transpose): 0
  • Fine Tuning (Detune): 0
  • keine Pitch Envelope
  • keine Modulation durch LFO oder Controller
  • Die verwendeten Abkürzungen:
     
     FF Formantfilter
     BIAS statische Verschiebung des Formantfilters
     DFE Digital Formantfilter Envelope (Hüllkurve)
     ENV DEPTH Stärke der Hüllkurve
     VELO DEPTH Auswirkung der Velocity (Anschlagstärke) auf die Stärke der Hüllkurve
     KS DEPTH Auswirkung des Keyscaling (Tastenlage) auf die Stärke der Hüllkurve
     
     
    Der Frequenzbereich der einzelnen Filterbänder (Parameter BAND) beträgt genau einen Halbton.
    Der gesamte Filterbereich des FF umschließt also ca. 10 1/2 Oktaven und sollte damit für jeden noch so ausgefallenen Sound ausreichen. Dieser Bereich lässt sich wie gesagt noch verschieben.
     
    Die LEVEL sind in Schritten von 0,75dB pro Schritt skaliert.
    Hier wird deutlich, dass der Filter bei größeren Wertänderungen kräftig zur Sache geht. Immerhin entsprechen die üblichen bei Synthesizerfiltern verwendeten 24dB einer Verminderung von 32 Schritten (und 128 sind möglich!).
    Wer also nicht gerade extremste Klangformung möchte, sollte unterhalb dieser Differenz bleiben.
     
    Bei den oben beschriebenen Einstellungen einer ADD Source und BIAS = 0 sowie ENV DEPTH = 0 liegt Band 37 auf dem untersten C (erste Taste).
    Bei der beschriebenen ADD Einstellung ist also:
     
    Tastennummer = FF Bandnummer + 37  (bei ENV DEPTH = 0)
     
    Soll also bei dieser Taste die 2.Harmonische zu hören sein, muss Band 49 (12 Halbtöne höher) aufgezogen sein.
    Daraus ergibt sich für die ersten 18 Harmonischen die Tabelle (bei ENV DEPTH = 0):
     

    ADD
    Harmonic

    FF
    Band
     

    ADD
    Harmonic

    FF
    Band

    1

    37
     

    10

    77

    2

    49
     

    11

    78

    3

    56
     

    12

    80

    4

    61
     

    13

    81

    5

    65
     

    14

    83

    6

    68
     

    15

    84

    7

    71
     

    16

    85

    8

    73
     

    17

    86

    9

    75
     

    18

    87
     
    Der Parameter BIAS verschiebt den Bereich des FF um maximal +/-63 Halbtöne und ist mit 1 Halbton pro Schritt skaliert (entspricht 1 BAND).
     
    ACHTUNG:
    Ein negativer Wert des BIAS verschiebt den Bereich nicht wie erwartet in tiefere Frequenzen, sondern in höhere! (Offensichtlich hat da wohl einer der Programmierer bei Kawai nicht so recht aufgepasst... ;-)
     
    Tastennummer = FF Bandnummer + 37 - BIAS  (bei ENV DEPTH = 0)
     
     
    Der Hüllkurvengenerator DFE ist äußerst eigenartig aufgebaut.
     
     
    ACHTUNG: Ein negativer Wert der ENV DEPTH verschiebt den Bereich nicht wie erwartet in tiefere Frequenzen, sondern in höhere!
     
    Die Stärke des DFE wird mit ENV DEPTH eingestellt.
    Leider hat die Skalierung einen irgendwie logarithmischen Zusammenhang, da bei kleinen Werten kaum etwas passiert und bei größeren Werten teilweise drastische Änderungen eintreten. Die genaue Funktion konnte ich (noch nicht?) ermitteln und habe sie deshalb in den folgenden Formeln als UF (unbekannte Funktion) angegeben.
     
    Tastennummer = FF Bandnummer + 37 - BIAS - (UF x ENV DEPTH)
     
    Seltsamerweise wirken sich VELO DEPTH und KS DEPTH nicht wie die vorangegangenen Parameter negativ, sondern positiv in der Bandverschiebung aus. Gelobt sei ein konsequentes Programmieren... :-(
     
    ACHTUNG: Die Parameter VELO DEPTH und KS DEPTH wirken nicht direkt auf den FF, sondern beeinflussen die Stärke der ENV DEPTH!
     
    Dieser Zusammenhang erschwert die Einstellung der KS DEPTH und schränkt deren sinnvolle Verwendung enorm ein!
     
    Die Kurve für VELO DEPTH wird mit dem Parameter VEL CURVE im Menü DHL COMMON eingestellt, also bei den Einstellungen der ADD Source (ja ja, ich weiß: Das ist hirnrissig, aber das ist wirklich so).
     
    Daraus ergeben sich folgende Zusammenhänge:
  • VELO DEPTH und KS DEPTH wirken nur bei ENV DEPTH <> 0
  • VELO DEPTH und KS DEPTH hängen in der Stärke direkt von der eingestellten ENV DEPTH ab
  • VELO DEPTH wirkt nicht bei VEL CURVE 11 (im Menü DHL COMMON)
  • Praktisch umgesetzt heißt das dann:
  • Für einen mit der Tastatur mitlaufenden FF braucht man die Einstellungen:
    KS DEPTH = 63
    ENV DEPTH = -63
    alle DFE LEVEL = 63
  •  
    Ich hoffe, die doch recht komplizierten Zusammenhänge im FF halbwegs begreiflich gemacht zu haben.